Fehlbildungschirurgie in der Abteilung für Kinderchirurgie der Klinik für Allgemeine Chirurgie, Viszeral-, Gefäß- und Kinderchirurgie am UKS

Intro

Unter Fehlbildungen im Kindesalter versteht man anatomische oder strukturelle Anomalien, die bei Kindern entweder bereits bei der Geburt vorhanden sind oder sich kurz danach entwickeln. Betroffen sein kann prinzipiell jedes Organ. Im Rahmen der Fehlbildungschirurgie in der Abteilung für Kinderchirurgie der Klinik für Allgemeine Chirurgie, Viszeral-, Gefäß- und Kinderchirurgie am UKS beschäftigen wir uns dabei vor allem mit den Fehlbildungen des Magen-Darmkanals, der inneren Organe, der Bauchdecke und des Brustkorbs. Diese Erkrankungen sind in vielen Fällen mit einer oder wenigen Operationen korrigierbar.

Die Ursachen von Fehlbildungen könnten unterschiedlicher kaum sein und reichen von genetischen Faktoren bis zu Komplikationen während der Schwangerschaft. Gleichermaßen umfassend zeigt sich die Bandbreite an Fehlbildungen selbst.

Welche Fehlbildungen gibt es und welche behandeln wir in der Fehlbildungschirurgie?

Nachfolgend erhalten Sie einen Überblick über mögliche Fehlbindungen und Behandlungswege.

Bei Atresien des Verdauungstraktes handelt es sich um Fehlbildungen, angeborene Unterbrechungen oder Engstellungen (Stenosen), die den normalen Transport von Nahrung vom Mund, durch die Speiseröhre und den Darm zum Anus verhindern. Dies führt zu Symptomen wie Erbrechen, aufgeblähtem Bauch und fehlendem Stuhlgang nach der Geburt. Solche Fehlbildungen fallen in der Regel bereits während der Schwangerschaft im Rahmen der Ultraschalluntersuchungen auf. Die Behandlung erfolgt in der Regel durch eine Operation, bei der der verengte Abschnitt entfernt und / oder die Durchgängigkeit des Darms wiederhergestellt wird. Darmatresien können prinzipiell in jedem Abschnitt, angefangen bei der Speiseröhre und bis Anus, auftreten.

Ein Speiseröhrenverschluss (Ösophagusatresie) wird in der Regel bereits während der Schwangerschaftfestgestellt. Er liegt daher bereits bei Geburt vor. Das Neugeborene kann Nahrung nicht aufnehmen, es verschluckt sich dabei heftig. Hier muss innerhalb der ersten Lebenstage eine Korrektur erfolgen und die Speiseröhre dabei rekonstruiert werden. In den meisten Fällen liegt zusätzlich eine Verbindung zwischen der Speiseröhre und der Luftröhre vor, die durchtrennt und verschlossen werden muss.

Der angeborene Verschluss des Zwölffingerdarms (Duodenalatresie) macht sich sofort nach Geburt bemerkbar, da das Kind nach der Nahrungsaufnahme zu Brechen anfängt. Bei einer Duodenalatresie kann sich der Magen nicht in den Darm entleeren, da der verbindende Zwölffingerdarm verschlossen ist. Im Gegen satz dazu müssen Dünndarmverschlüsse (Jejunalatresie, Ileumatresie) nicht gleich am ersten Lebenstag auffallen. Das Neugeborene kann die ersten Mahlzeiten problemlos zu sich nehmen, erbricht jedoch im Verlauf zunehmend. Beim Erbrochenen handelt es sich dabei nicht um Magen-, sondern um Darminhalt. Dieser kann giftgrün sein. Diese Verschlüsse müssen zügig mit einer Operation beseitigt werden. Oft werden jedoch auch sie bereits vor der Geburt im Rahmen von Ultraschalluntersuchungen erkannt.

Fehlbildungen des Enddarms und Schließmuskels (anorektale Fehlbildungen, Analatresie) stellen eine besondere chirurgische Herausforderung dar. Denn neben dem Verschluss des Darms liegt zusätzlich eine unterschiedlich ausgeprägte Entwicklungsstörung des Schließmuskels vor, sodass manche dieser Kinder später Probleme haben, den Stuhl zu halten. Der verbliebene Anteil des Schließmuskels ist bei der Operation daher unbedingt zu schonen. Obwohl der Schließmuskel teilweise nur in Anteilen vorhanden ist, leiden manche Kinder mit Analatresie später häufig an Verstopfung, was ebenfalls mit dem nicht korrekt entwickelten Schließmuskel und der Operationsnarbe zusammenhängt.

Beim „offenen Bauch“ (Gastroschisis) besteht ein unterschiedlich großer Spalt in der Bauchwand rechts neben dem Nabel, durch den Darm austritt. Der Darm muss direkt nach Geburt zurück in die Bauchhöhle verlagert und die Bauchwand verschlossen werden, da er sonst geschädigt werden kann. Diese Fehlbildung kann bereits während der Schwangerschaft ab der 13. Schwangerschaftswoche im Ultraschall erkannt werden. Um bei der Entbindung eine Verletzung des Darms zu vermeiden, sollte eine geplante Entbindung mittels Kaiserschnittes erfolgen. So können wir nach sorgfältiger Vorbereitung direkt im Anschluss an die Entbindung die korrigierende Operation vornehmen.

Ähnlich verhält es sich beim Nabelschnurbruch (Omphalozele). Dabei befindet sich ein Großteil des Darms, gelegentlich auch die Leber, in der Nabelschnur. Diese stellt einen guten Schutz der Organe vor äußeren Einflüssen dar. Jedoch müssen auch hier die vor der Bauchdecke liegenden Organe in die Bauchhöhle zurückverlagert und die Bauchwand verschlossen werden. Bei der Omphalozele können häufig noch andere Fehlbildungen vorliegen, nach denen sorgfältig gesucht werden muss.

Doppelungen des Magen-Darmtrakts (Duplikaturen) können, ähnlich den Atresien, auf jeder Höhe auftreten. Sie zeigen sich allerdings oftmals erst im späteren Kindesalter. Bedeutung haben sie zum Beispiel dann, wenn sie sehr groß werden und dadurch andere Organe verdrängen. Es bleibt dann nur die operative Entfernung.

Die Darmschlingen liegen in einer besonderen Anordnung im Bauch. Dabei umrahmt der Dickdarm den Dünndarm. Bei abnormen Lagen des Darms im Bauch spricht man von einer Darmfehldrehung (Malrotation). Der Name spiegelt die Vermutung wider, dass der Darm während der ersten Schwangerschaftswochen eine Drehung vollziehen muss, um seine natürliche Position einzunehmen.

Im Falle einer Fehldrehung ist der Darm zusätzlich falsch an der Bauchwand fixiert. Somit besteht ein lebenslanges Erkrankungsrisiko für eine plötzliche und akute Verdrehung des Darms (Volvulus). Hierbei kommt es zu einer plötzlichen Strangulation des Darms aufgrund seiner außergewöhnlichen Beweglichkeit. Der betroffene Darmabschnitt kann nur durch eine rasche Operation gerettet werden. Es können jedoch auch chronische Beschwerden, wie fehlende Gewichtszunahme, gehäuftes Erbrechen und Bauchschmerzen bestehen.

Bei der Gallengangsatresie handelt es sich um eine Erkrankung der Gallengänge, die entweder mit einem kompletten Fehlen der Gallengänge in und außerhalb der Leber besteht oder in einer in den ersten Lebenswochen auftretenden Vernarbung der Gallenwege. Die Gallenflüssigkeit, welche sich in der Leber bildet, kann nicht in den Darm ablaufen und staut sich zurück. Dies führt zu einer rasch fortschreitenden Zerstörung der Leber. Auffällig an den Kindern ist die ausbleibende Besserung der Neugeborenengelbsucht. Hier muss die Diagnose zügig gestellt werden, um operativ einen Abfluss der Galle in den Darm zu ermöglichen. Oft jedoch bleibt als einzige Möglichkeit die Lebertransplantation, wenn die Leber bereits zu sehr geschädigt ist oder Untersuchungen zeigen, dass die Gallengänge gar nicht angelegt sind.

Wie der Name bereits vermuten lässt, stellen Gallengangszysten Aufweitungen der Gallenwege dar, entweder in der Leber oder außerhalb. Die Kinder fallen durch eine Entzündung der Gallenwege auf. Neben der akuten Behandlung mit Antibiotika müssen im weiteren Verlauf die Gallengangszysten entfernt werden. Der Ablauf der Gallenflüssigkeit in den Darm muss jedoch ermöglicht werden. In der Regel kann hier eine speziell präparierte Darmschlinge den Gallengang ersetzen.

Selbsthilfegruppen für Betroffene

Auch wenn sich fast alle Fehlbildungen operativ korrigieren lassen, benötigen diese Patientinnen und Patienten meist eine lebenslange Nachsorge.
Für bestimmte Krankheitsbilder haben sich in den vergangenen Jahren kompetente Selbsthilfegruppen gebildet, auf die wir hier ausdrücklich hinweisen möchten:

  • KEKS
    Selbsthilfeorganisation für Kinder und Erwachsene mit kranker Speiseröhre

    www.keks.org
     
  • SOMA
    Selbsthilfeorganisation für Menschen mit anorektaler Fehlbildung
    www.soma-ev.de

Kontakt & Ansprechpartner

Dr. med. Clemens-Magnus Meier

Facharzt für Kinderchirurgie