Behandlung von Thoraxfehlbildungen in der Klinik für Allgemeine Chirurgie, Viszeral-, Gefäß- und Kinderchirurgie am UKS

Bei einer Thoraxfehlbildung handelt es sich um eine angeborene oder erworbene anatomische Anomalie der Brustwand. Betroffen sein können dabei sowohl die Knochen wie Rippen und Brustbein als auch das Weichteilgewebe des Brustkorbs. Eine Veränderung des Brustkorbs (Thorax) geht mit funktionellen Einschränkungen einher und zeigt sich in einer Einschränkung der Belastbarkeit, beispielsweise im Alltag oder bei Sport. Zudem wird die „entstellte Brust“ von Betroffenen häufig als ästhetisch unschön wahrgenommen. Entsprechend hoch kann neben der gesundheitlichen auch die physische Belastung sein.

Zu den häufigsten Thoraxfehlbildungen gehören

  • Trichterbrust, bei der das Brustbein nach innen eingesunken ist
  • Kielbrust, bei der das Brustbein nach außen vorgewölbt ist

Wie häufig kommen Thoraxfehlbildungen vor?

In der Bevölkerung treten Thoraxfehlbildungen mit einer Häufigkeit von 1:100 bis 1:700 auf, was bedeutet, dass bis zu 2,3 Prozent der Menschen betroffen sein können. Die Deformitäten zeigen sich deutlich häufiger bei Jungen als bei Mädchen, mit einem Verhältnis von 4:1. Etwa ein Viertel der Betroffenen benötigt eine Behandlung. Zudem treten sie nicht selten zusammen mit komplexen Erkrankungen auf, beispielsweise mit Bindegewebserkrankungen wie dem Marfan-Syndrom, einer genetischen Bindegewebserkrankung, die 1 von 5000 bis 10 000 Menschen betrifft.

Warum kommt es zu einer Thoraxfehlbildung?

Die Gründe für die Entwicklung einer Thoraxfehlbildung sind bis heute unklar. Folgende Ursachen werden diskutiert:

  • Anatomische Fehlentwicklungen sowie Fehlen von Muskeln oder Rippen
  • Genetisch bedingte Erkrankungen, zum Beispiel Bindegewebserkrankungen, bei denen dann bestimmt Gewebetypen nicht so stabil sind, dass sich Verformungen von Körperstrukturen ausbilden
  • Veränderung nach Operationen am Brustkorb

Welche Beschwerden gehen mit einer Thoraxfehlbildung einher?

  • Belastungsabhängige Atemnot oder erschwertes Atmen
  • Starke Belastungseinschränkung infolge Kompression der Lunge und des Herzen durch das eingesunkene Brustbein bei der Trichterbrust
  • Herzprobleme, zum Beispiel Herzrhythmusstörungen, Rechtsschenkelblock (Reizleitungsstörung im Herzen), Mitralklappenprolaps (gestörte Funktion der Herzklappe)
  • Gehäufte Infekte der Bronchien
  • Skoliose (seitliche Verbiegung der Wirbelsäule)
  • Rückenschmerzen
  • Psychische Belastung durch das Gefühl der Entstellung

Formen der Thoraxfehlbildung

Quelle: Chirurgie im Kindesalter, GH Willital, RR Lehmann, Spitta Verlag, Balingen, 2000

Wie wird eine Thoraxfehlbildung diagnostiziert?

In Abteilung für Kinderchirurgie der Klinik für Allgemeine Chirurgie, Viszeral-, Gefäß- und Kinderchirurgie am UKS führt die behandelte Ärztin oder der Arzt nach einer Anamnese, bei der wir alle Informationen über die gesundheitlichen Hintergründe und Symptome sammeln, eine körperliche Untersuchung des Brustkorbs durch. Zur genaueren Diagnosestellung wird die Thoraxstruktur mittels eines flexiblen Lineals vermessen. Zur Diagnostik der Funktion des Herzens und der Lunge werden Sie in zwei Spezialabteilungen des UKS geschickt. Dort werden die Herzfunktionen durch ein EKG und eventuell Echokardiografie bewertet. Die Lungenfunktion wird separat geprüft. Es werden Fotos gemacht und bei Bedarf ergänzt ein MRT des Brustkorbs das diagnostische Bild.

Thoraxvermessung mit dem flexiblen Lineal

15-jähriger Junge mit ausgeprägter Trichterbrust

Welche Therapieoptionen gibt es bei einer Trichterbrust?

Mit fundierter Expertise und jahrelanger Erfahrung können wir in der Abteilung für Kinderchirurgie der Klinik für Allgemeine Chirurgie, Viszeral-, Gefäß- und Kinderchirurgie am UKS unseren Patientinnen und Patienten sowohl konservative Therapien als auch operative Eingriffe anbieten. Erst wenn alle konservativen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, planen wir gemeinsam eine Operation.
 

Konservative Therapie
  • Kräftigung der Brust-, Schulter-, Rücken- und Bauchmuskulatur
  • Fitnesstraining oder Krankengymnastik
  • Sportliche Betätigung, am besten geeignet sind Schwimmen und Leichtathletik
  • Saugglockenbehandlung
    • Tägliches Tragen der Saugglocke so lange wie möglich
    • Dauer: mehrere Jahre (ähnlich einer kieferorthopädischen Behandlung)
       
Chirurgische Therapie
  • Konventionelle, offene Rekonstruktion

  • Minimal-invasive Rekonstruktion nach NUSS[HM1] [CM2] 

 

Operations-Indikation
  • Beeinträchtigung der Lungen- und Herzfunktion, festgestellt durch

    • 5-Kanal-EKG

    • Echokardiographie

    • Lungenfunktion in Ruhe (Spirometrie)

    • Lungenfunktion unter Belastung (Fahrradergometer, Spiro-Ergometrie)

  • Haller-Index, ein Maß für die Tiefe der Einsenkung des Trichters, bestimmt im Rahmen der Kernspinnuntersuchung

  • OP-Indikation wird erst nach Verlaufsbeobachtung gestellt

Das optimale Alter für eine operative Korrektur einer Trichterbrust liegt zwischen dem 13. und 15. Lebensjahr.

 

OP-Planung

Zur OP-Planung werden die gleichen Untersuchungen benötigt wie bei der Diagnosestellung. Zusätzlich erfolgt eine Blutuntersuchung inklusive Bestimmung der Blutgruppe und Bereitstellung von Blutkonserven und ein CT des Brustkorbs.

Konventionelle OP-Technik

Bei der konventionellen OP-Technik werden die fehlgeformten Rippen und das Brustbein chirurgisch freigelegt. Es stellen sich dann die Einsenkungen und gegebenenfalls auch ein gedrehtes Brustbein dar. Die Rippen werden an den entsprechenden Stellen durchtrennt und falls erforderlich wird etwas Knorpelgewebe im Bereich des Brustbeins entfernt. Dadurch lässt sich der Brustkorb aufrichten und ein Trichter ist nicht vorhanden. Damit alles nun in der „normalen“ Form und Lage heilen kann, werden die Rippen an Metallbügeln fixiert. Diese Bügel können dann, wenn der Brustkorb stabil abgeheilt ist (meist 1-2 Jahre) wieder entfernt werden.

Diese Art der Operation ist für jede Form der Thoraxdeformität, Trichterbrust und Kielbrust, sowie auch für sehr asymmetrische Formen geeignet. Im Vergleich zur OP nach Nuss (weiter unten) ist sie jedoch mit einer großen Wunde, sowie einer langen Narbe verbunden. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass man bei dieser Operation direkt das zukünftige Bild bzw. Ergebnis sieht.

OP einer Thoraxfehlbildung nach Nuss

Heute kommt bei einer Trichterbrust in der Regel die Operationstechnik, die von Donald Nuss beschrieben wurde, zum Einsatz.

Die chirurgische Korrektur einer der Trichterbrust, hat sich durch die Einführung eines quer durch den Brustkorb verlaufenden Bügels erheblich weiterentwickelt. Das Verfahren ermöglicht eine individuelle Anpassung des Bügels an die gewünschte Form des Brustkorbs direkt während der Operation. Durch manuelle Justierung und unter optischer Kontrolle kann die Chirurgin oder der Chirurg die Form des Brustkorbs präzise korrigieren. Nach dem Einbringen folgt eine Drehung des Bügels um 180 Grad um seine Längsachse. Diese Drehbewegung hebt den eingedrückten Teil des Brustkorbs an und richtet ihn auf.

Im Vergleich zur konventionellen OP-Technik werden hier keine Rippen durchtrennt oder Knorpel entfernt. Ähnlich wie bei einer Zahnspange drückt der Bügel hier den Brustkorb in eine neue Form. Die Umbauprozesse im Bereich der Rippen, des Brustbeins und des Knorpels, dauern Monate. Das Bild nach der Operation entspricht daher nicht dem endgültigen Ergebnis.

Der eingebrachte Bügel wird bis zum Ende des Wachstum belassen, um ein erneutes Einsinken im weiteren Wachstum zu vermeiden.

Die Behandlung der Kielbrust

Im Gegensatz zur Trichterbrust geht die Kielbrust nur selten mit kardio-pulmonale Einschränkungen einher. Jedoch ist es häufig, dass man sich die Ecken und Kanten des Kiels „wund“ legt, dass sich also offene Stellen entwickeln. Auch ist es aufgrund der Thoraxform manchmal nicht mehr möglich, auf dem Bauch zu liegen oder zu schlafen. Veränderungen der Wirbelsäule sind wie bei einer Trichterbrust häufig.

Eine Indikation zu einer operativen Therapie gibt es nur in wenigen Fällen. Jedoch lässt sich die Kielbrust durch ein eine Kompressionsbehandlung mit einer individuell angefertigten Orthese gut behandeln. Diese drückt das vorstehende Brustbein und / oder die Rippen zurück. Wird die Orthese kontinuierlich getragen, werden die Rippen und auch das Brustbein in eine normale anatomische Form umgeformt. Dieser Prozess dauert bis zu 2 Jahre.

 

 

 Beispiel einer Orthese bei Kielbrust an einem weiblichen Brustkorb

Kontakt & Ansprechpartner

Dr. med. Clemens-Magnus Meier

Facharzt für Kinderchirurgie