Nachweis von Zugewinnen und Verlusten an Chromosomen 7 und 10

Neuropathologische Diagnostik am UKS

Chromosom-7-Zugewinn mit kombiniertem Chromosom-10-Verlust als diagnostischer Marker für Glioblastome

Das Institut für Neuropathologie am UKS führt den Nachweis von Veränderungen an Chromosom 7 und 10 zur Diagnostik von Glioblastomen durch. Das Vorhandensein eines Chromosom-7-Zugewinns mit kombiniertem Chromosom-10-Verlust wird als molekularer Marker für einen hohen Malignitätsgrad gewertet.

Neben den histologischen Malignitätskriterien dienen die Nachweise einer C228T- oder C250T-Punktmutation des TERT-Promotors, einer Amplifikation des EGFR-Gens, oder eines Zugewinns an Chromosom 7 bei gleichzeitigem Verlust an Chromosom 10 als diagnostisches Kriterium, um astrozytäre Gliome ohne Isocitrat-Dehydrogenase-(IDH)-Mutation als Glioblastom WHO-Grad-4 einzustufen. Dabei definieren diese molekularpathologischen Kriterien bei diffusen astrozytären Tumoren des Erwachsenenalters mit IDH-Wildtyp für sich genommen ein Glioblastom, sodass sie  gemäß der aktuellen WHO-Klassifikation der Hirntumore von 2021 zur Diagnosestellung dazugehören [1].

Analog zur EGFR-Amplifikation nutzen wir eine quantitative PCR, um den chromosomalen Status von Chromosom 7 und Chromosom 10 zu bestimmen, angelehnt an Wolter et al. [2]. Aus Vollblut oder Referenzgewebe sowie dem Tumorgewebe wird DNA isoliert. In der Referenz-DNA und in der Tumor-DNA werden die Cq-Werte (ein quantitatives Maß für das Vorhandensein des Genabschnitts) verschiedener Genloki auf Chromosom 7p, 7q, 10p und 10q bestimmt, sowie von β-Actin und B2M. Die letzteren beiden (β-Actin und B2M) dienen dabei als probeninterne Referenzen (ΔCq zwischen Gene of Interest und Reference gene), um Qualitäts- und Mengenunterschiede der DNA herausrechnen zu können. Mögliche Kopienzahlveränderungen im Tumor (die nicht in der Referenz vorhanden sind), zeigen sich durch versetzte Cq-Werte zwischen Tumor- und Referenzprobe (ΔΔCq). Liegt das relative Verhältnis der 7p- und 7q-Loki beziehungsweise 10p- und 10q-Loki bei 1,0, liegen keine Veränderungen vor [3, 4]. Liegt der Wert für alle nachgewiesen Marker auf Chromosom 10 (2 auf 10p und 2 auf 10q) darunter – optimalerweise bei 0,5 – liegt der Verlust einer Kopie von Chromosom 10 vor. Liegen gleichzeitig alle Marker von Chromosom 7 über 1 (theoretisch bei 1,5), gibt es einen Zugewinn einer Kopie von Chromosom 7. Demzufolge würde ein nicht IDH-mutiertes, diffuses astrozytäres Gliom als Glioblastom diagnostiziert werden. Berücksichtigt werden muss auch hier der Tumorzellanteil, der eine Abweichung vom theoretischen Wert zur Folge haben kann.

 

Literatur:

[1] WHO Classification of Tumours, 5th Edition. Central Nervous System Tumours, Volume 6. WHO Classification of Tumours Editorial Board.ISBN-13 978-92-832-4508-7
[2] Wolter et al. (2022) Droplet digital PCR-based analyses for robust, rapid, and sensitive molecular diagnostics of gliomas. Acta Neuropathologica 14:42. https://doi.org/10.1186/s40478-022-01335-6
[3] Ma und Chung (2015) Quantitative Analysis of Copy Number Variants Based on Real-Time LightCycler PCR. Curr Protoc Hum Genet. ; 80: 7.21.1–7.21.8
[4] Wilke et al. (2000) Diagnosis of Haploidy and Triploidy Based on Measurement of Gene Copy Number by Real-Time PCR. HUMAN MUTATION 16:431-436

Abbildung: Quantitative Bestimmung von Kopienzahlveränderungen auf Chromosom 7 und 10. Aus dem Verhältnis von Referenzgenen und den Ziel loci (je 2 x Chromosom 7p, 7q, 10p und 10q) aus Tumor- und Blut-DNA wird ermittelt, ob tumor-assoziierte Veränderungen vorliegen. Bei einem Verhältnis von 1, liegen keine Verluste vor (links). Sind gleichzeitig die Werte aller Marker von Chromosom 7 deutlich über 1 und bei Chromosom 10 unter 1, wird der Tumor als WHO-Grad 4-Astrozyom diagnostiziert (rechts).