Zum 30. September 2024 tritt Prof. Dr. Tim Pohlemann, Direktor der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie am UKS und Inhaber des Lehrstuhls für Unfallchirurgie der medizinischen Fakultät der UdS, in den Ruhestand ein. Pohlemann war mehr als 23 Jahre in diesen Ämtern tätig – und damit deutlich länger als jeder Vorgänger auf dem 1972 begründeten Lehrstuhl. Auswärtsrufe an die Universitätskliniken in Würzburg und Zürich hatte er ausgeschlagen. „Die gute Zusammenarbeit hier in Homburg, auch über die eigene Disziplin hinaus, schätze ich sehr. Gleiches gilt für die integrative Forschungslandschaft an der UdS. Probleme der Knochen- und Gewebeheilung beleuchten wir mit eigenen molekularbiologisch, zellbiologisch und biomechanisch ausgerichteten Forschungsgruppen“, erklärt Prof. Pohlemann. „Wir untersuchen praxisnahe Forschungsfragen in Orthopädie und Unfallchirurgie grundlegend und tragen zu validen Antworten bei. Das erfüllt mich bis heute und zugleich freue ich mich immer darüber, wenn sich unser klinischer Nachwuchs für diese Themen begeistert.“
Nach dem Medizinstudium in Heidelberg und Mannheim hatte Pohlemann zunächst seine Facharztweiterbildung im Zentrum Chirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover 1983 begonnen und sich klinisch zum Allgemeinchirurgen, Speziellen Unfallchirurgen, Notfallmediziner, Intensivmediziner und letztendlich zum Orthopäden/Unfallchirurgen qualifiziert. Die Habilitation folgte 1992, wissenschaftlicher Schwerpunkt waren Becken- und Acetabulumfrakturen, schwierige Gelenkrekonstruktionen und Traumamanagement. Allesamt Themen, die er ab dem 1. März 2001 auch in Homburg weiterverfolgt hat. Das Spektrum der Klinik erstreckt sich heute von der Schwerverletztenversorgung über die Becken-, Acetabulum- und Wirbelsäulenchirurgie bis hin zur Hand- und Mikrochirurgie. „Die Region braucht eine exzellente Unfallversorgung. Bei schwersten Verletzungen sind wir die wichtigste Anlaufstelle in der Großregion“, erklärt Prof. Pohlemann. „Auf einigen Feldern, etwa bei Rekonstruktionseingriffen, haben wir darüber hinaus heute bundesweit einen exzellenten Ruf und damit ein großes Einzugsgebiet. Für späte Korrektur-OPs kommen Menschen auch aus Schleswig-Holstein zu uns.“
Neben der Forschungsarbeit und der klinischen Exzellenz räumte Pohlemann früh der Weiterbildung einen hohen Stellenwert ein. Unter seiner Führung wurde in Homburg beispielsweise ein Format etabliert, das sich zum weltweit führenden Konzept zur Schulung und Fortentwicklung modernster Behandlungstechniken nach Beckenfrakturen und Hüftproblemen entwickelt hat: Seit 2002 haben mehr als 1500 Medizinerinnen und Mediziner aus über 20 Nationen – von Japan und Thailand über Staaten des Mittleren Ostens bis hin zu USA und Argentinien – am Homburger Beckenkurs teilgenommen.
Fortbildungsmaßnahmen und klinikübergreifende Zusammenarbeit spielten auch in den von Pohlemann unterstützten und mitbegründeten Netzwerken eine wichtige Rolle. Auf seine Initiative hin schlossen sich etwa 2007 in der Großregion Saarland, Lothringen, Luxemburg und den angrenzenden Gebieten von Rheinland-Pfalz auf die Schwerverletztenversorgung spezialisierte Krankenhäuser zusammen und gründeten das Traumanetzwerk „Saar-(Lor)-Lux-Westpfalz". Zum Traumamanagement und zum perforierenden Trauma – also lebensbedrohlichen Verletzungen nach Stich- oder Schussverletzungen – wurden zahlreiche Fortbildungsveranstaltungen in Homburg organisiert. Diese bekamen nach 2015 mit der zunehmenden terrorassoziierten Bedrohung auch für den zivilen Bereich eine größere Bedeutung. Mit der „Task Force Terror Saar“ konnte Pohlemann damals im Auftrag der Landesregierung eine Struktur aufbauen, die unter Leitung des Innenministeriums die enge Zusammenarbeit der Behörden und Organisationen mit Sicherungsaufgaben und den Kliniken des Traumanetzwerkes der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) ermöglicht. Kontinuierlich wurden klinische Ärztinnen und Ärzte in Kliniken des Traumanetz-werkes taktisch und technisch fortgebildet – mit dem Ziel, beständig etwa 50 geschulte Chirurginnen und Chirurgen in den Traumanetzwerkliniken des Saarlandes vorzuhalten.
Pohlemann war darüber hinaus Gründungsmitglied und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) und der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH). Er ist seit 2021 Sprecher des Wehrmedizinischen Beirats der Bundeswehr, der den Bundesminister der Verteidigung in wehrmedizinischen Fragen berät. Seit 2023 wirkt er zudem als Präsident der internationalen AO Foundation, der auf dem Gebiet der Chirurgie des Stütz- und Bewegungsapparates führenden weltweiten Vereinigung von Unfallchirurgen, Orthopäden und Medizinern weiterer Fachbereiche. Diese beiden Ämter wird er auch nach seinem Eintritt in den Ruhestand ausüben.
Optimale Nachfolgelösung mit einem nahtlosen Übergang
Mit der für den 27. September geplanten Amtsübergabe geht für Prof. Pohlemann der größte Wunsch schon vor dem Ruhestand in Erfüllung: „Die Unfallchirurgie ist ein wesentlicher Teil der Daseinsvorsorge. Sie ist ohne Frage systemrelevant. Mir war es daher ein wichtiges Anliegen, dass sie – auch und gerade an der Spitze – nicht eine Minute unbesetzt ist. Daher freut es mich sehr, dass wir nun einen nahtlosen Übergang erleben, den ich gemeinsam mit meinem Nachfolger zudem optimal vorbereiten konnte.“
Prof. Dr. Emmanouil Liodakis erhielt am 16. September im Ministerium der Finanzen und für Wissenschaft die Ernennungsurkunde zum Universitätsprofessor und wird den Dienst als Professor an der Universität des Saarlandes und Direktor der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie am Universitätsklinikum des Saarlandes zum 1. Oktober aufnehmen.
Liodakis studierte Humanmedizin an der Phillips-Universität Marburg und der Kapodistrias-Universität Athen (Griechenland). Seine chirurgische Ausbildung zum Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit Schwerpunkt Spezielle Unfallchirurgie absolvierte er – ebenso wie sein Vorgänger – an der Medizinischen Hochschule Hannover. Darüber hinaus absolvierte er Weiterbildungsaufenthalte (Fellowships) an der McGill University in Kanada und an der University of Leeds in Großbritannien. Zuletzt war er als stellvertretender Klinikdirektor an der Klinik für Unfallchirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover tätig und leitete dort unter anderem den Bereich Becken-, Hüft- und Acetabulumchirurgie.
Die wissenschaftlichen Schwerpunkte von Prof. Dr. Emmanouil Liodakis liegen in der Behandlung von Knochendefekten und posttraumatischen Deformitäten, die häufig aus offenen Frakturen oder posttraumatischen Osteomyelitiden resultieren. Zusammen mit internationalen Partnern hat er neue Konzepte zur Behandlung von Knochendefekten entwickelt. Ziel war es, einerseits auf molekularbiologischer Ebene in die Mechanismen der Knochenregeneration einzugreifen und andererseits moderne computergestützte Techniken wie 3D-Druck, Navigation und künstliche Intelligenz einzusetzen.
„Es ist mir wichtig, die in Homburg etablierten Schwerpunkte, zum Beispiel im Bereich der Becken- und Hüftgelenkchirurgie, zu erhalten und gleichzeitig das Spektrum zu erweitern – insbesondere im Bereich der Alterstraumatologie, zum Beispiel mit dem Aufbau eines zertifizierten Alterstraumazentrums“, erklärt Prof. Liodakis. „Darüber hinaus möchte ich den Erfolg in Forschung und Lehre fortschreiben. Besonders wichtig ist mir dabei die enge Zusammenarbeit der Forschungsteams an der Universität des Saarlandes, um Synergien zu ermöglichen, die zu einem erfolgreicheren wissenschaftlichen Output und letztlich zu einer optimaleren Patientenversorgung führen.“