Mit Kreativität und Kompetenz zur Modellregion: Erfolgreiche Vorstellung des DIKOM–Projektes mit saarländischen Partnern

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In der Versorgung von Menschen in Pflegeheimen kann das Saarland in den nächsten drei Jahren Pflegegeschichte schreiben. Der gemeinsame Bundesausschuss, das höchste Entscheidungsgremium in der Selbstverwaltung des deutschen Gesundheitswesens, hat die Neurologische Klinik am Universitätsklinikum des Saarlandes beauftragt, durch "Diagnostik und Konsil im Pflegeheim mittels mobiler Geriatrie Unit" (DIKOM) nicht bedarfsnotwendige Klinikeinweisungen von Heimbewohnern zu vermeiden. Heute konnten die Projektverantwortlichen ihr Konzept auf Einladung des saarländischen Gesundheitsministers Dr. Magnus Jung und des Projektleiters Prof. Dr. Klaus Faßbender vor Vertretern der Krankenkassen, der niedergelassenen Ärzte, der Betreiber von Pflegeheimen und weiteren Interessensvertretern präsentieren.

„Neben einer Entlastung der Rettungsdienste und Kliniken kann mit DIKOM insbesondere die Belastung für die Patientinnen und Patienten reduziert werden. Das Gelingen des aktuell einzigartigen Modells ist von der Mitwirkung vieler Partner abhängig. Der medizinisch ausgestatte LKW muss von den Hausärztinnen und –ärzten der Pflegeheimbewohner verordnet und von den Einrichtungen offensiv genutzt werden. Im Rahmen der heutigen Vorstellung konnten weitere wichtige Partner von DIKOM überzeugt werden“, betont Gesundheitsstaatssekretärin Bettina Altesleben.

Derzeit sind im Saarland mehr als 73.000 Menschen pflegebedürftig, von denen ca. 13.000 in Pflegeheimen leben. Davon sind weit über 10.000 Personen so stark in ihrer Bewegung eingeschränkt, dass sie eine normale Arztpraxis zur Untersuchung nicht aufsuchen können. Für medizinische Untersuchungen werden sie bislang in die Kliniken des Saarlandes überwiesen. Der Transport und die fremde Umgebung werden oftmals als sehr belastend empfunden. Um das Leid der betagten Patientinnen und Patienten zu lindern und die Notaufnahmen der Kliniken zu entlasten, hat Professor Klaus Faßbender, Direktor der Klinik für Neurologie am UKS, zusammen mit seinem Team ein umfangreiches Konzept für die mobile Diagnostik von Pflegeheimbewohnern erarbeitet.

Im Rahmen der heutigen Vorstellung erklärte er: "Obwohl erst im Anlauf, ist die Resonanz beachtlich: Niedergelassene Ärzte bieten ihre Mitwirkung an, Heimleitungen fragen nach dem endgültigen Starttermin, das Krankenhaus Lebach etabliert das Patientenmanagement im Wagen, Klinikchefs im UKS bringen ihre fachärztliche Expertise ein und die Politik erkundet sich bereits, wie aus dem Modell nach einem erfolgreichen Verlauf Regel werden kann."

Unter dem Motto "Wenn der Patient nicht zur Diagnostik kommen kann, kommt diese zu ihm" soll ab der zweiten Jahreshälfte 2024 auf ärztliche Verordnung hin ein „Modell-Fahrzeug“ zum Einsatz gebracht werden, welches mit medizinischer Diagnostik ähnlich einer Notaufnahme ausgestattet ist. Die mittels Computertomographen, Röntgen-, Ultraschall-, EKG-, EEG-Gerät sowie Labor erhobenen Daten und Bilder werden aus dem Fahrzeug telemedizinisch in die Uniklinik übertragen und dort von den Experten verschiedener Fachdisziplinen befundet. Die Untersuchungsergebnisse werden schnellstens an den zuständigen Arzt und das Pflegeheim zur Einleitung der medizinischen Anschlussversorgung in der vertrauten Umgebung zurück übertragen.

„Es ist eine der vordringlichsten Aufgaben an einem Universitätsklinikum Probleme nicht nur zu identifizieren, sondern im nächsten Schritt auch Lösungen dafür zu erarbeiten. In der Universitätsmedizin werden neue Behandlungsmethoden erprobt und wissenschaftlich evaluiert. Oft mündet das in echte Innovationsarbeit, die anschließend vielen Menschen im Land zugutekommt. Genau das ist dem DIKOMProjekt zu wünschen. Ich freue mich sehr darüber, dass der Modellauf demnächst in Homburg und im gesamten Saarland startet und von so vielen engagierten Partnern unterstützt wird“, erklärte Prof. Dr. Jennifer Diedler, Ärztliche Direktorin und Vorstandsvorsitzende des Universitätsklinikums.

"Wenn hochbetagte, in ihrer Mobilität eingeschränkte und vielleicht auch demente Menschen im Pflegeheim stürzen oder erkranken, dann stellen der Transport in die Klinik und die ungewohnte Umgebung sie oftmals vor große Herausforderungen. Das ist mit Ängsten verbunden, mit Stress und manchmal auch mit Verwirrtheit und Aggressionen. Eine schwierige Situation, die nun durch das neue Modellprojekt gut gelöst werden könnte. DIKOM bereitet den Weg für zukunftsfähige, patientenzentrierte Versorgungskonzepte und für eine Entlastung der knappen Ressourcen im stationären Bereich. In Anbetracht der demographischen Entwicklung und des steigenden Bedarfs an pflegerischer Versorgung bedeutet dies einen wichtigen Schritt in Richtung eines nachhaltigen und gerechten Gesundheitssystems. Wir am UKS sind stolz darauf, Partner dieses Projektes zu sein und wünschen allen Beteiligten viel Erfolg bei der Umsetzung“, ergänzte Serhat Sari, Pflegedirektor und Mitglied im Vorstand des UKS.

Nach einem erfolgreichen Modellverlauf mit zunächst rund 50 Pflegeeinrichtungen und gut 4.500 Patienten, soll die „mobile Diagnostik“ zukünftig als Regelversorgung zur Verfügung stehen. Dafür gibt es im Saarland auch besonders viel Handlungsbedarf. Zusammen mit Rheinland-Pfalz liegt das Saarland mit erheblichem Abstand bundesweit an der Spitze bei den „kurzen Krankenhausaufenthalten“, zu denen auch die nicht bedarfsnotwendigen Einweisungen von Heimbewohnern gehören,

 

Fragen beantwortet:
Prof. Dr. Klaus Faßbender
Universität des Saarlandes / Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum des Saarlandes
Tel.: 06841 162-4102
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